Die unterschiedliche Umsetzung des neuen Sozialversicherungsgesetzes in den verschiedenen chinesischen Landesteilen

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Von Adam Livermore, Dezan Shira & Associates

Dieser Artikel, verfasst von Adam Livermore, Leiter der Gehaltsabrechnungsabteilung von Dezan Shira & Associates, wurde aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt. Er stammt ursprünglich aus der Oktoberausgabe der China Briefing, die das neue Sozialversicherungsgesetz in China behandelt. Aus der deutschen Edition musste der Artikel leider entfernt werden, weil an selber Stelle ein Interview mit zwei deutschen Versicherungsexperten steht, das vom Thema Sozialversicherung für deutsche Expats und Angestellte in China handelt. Schließlich gibt es wegen des bilateralen Abkommens zur Sozialversicherung zwischen Deutschland und China viel Klärungsbedarf. Wir wollen diese Seite aber nutzen, um mit Ihnen diesen interessanten Artikel von Adam Livermore zu teilen.

Die deutsche Edition der Oktoberausgabe der China Briefing wird in den nächsten Tagen erscheinen.

02. Dezember – Ein Beispiel für die Verwirrung, die durch die Umsetzung des neuen Sozialversicherungsgesetzes entsteht, kann in der bei ausländischen Investoren beliebten und wichtigen Hafenstadt Dalian im Nordosten des Landes beobachtet werden. Ende August wurde ein Schreiben vom lokalen Sozialversicherungsbüro veröffentlicht, das Veränderungen bei der Erhebung von Sozialversicherungsbeträgen ab September veranschlagte.

Die wichtigsten Änderungen können folgendermaßen zusammengefasst werden:

  1. Bei den Sozialversicherungsbeiträgen der Arbeitnehmer ändert sich nichts (diese werden weitehin anhand des durchschnittlichen Monatsgehalts des Arbeitnehmers im vergangenen Jahr berechnet).
  2. Arbeitgeber müssen ihre Beiträge aber anhand der Ausgaben für das Gehalt aller Angestellten aus dem vergangenen Monat berechnen. Dadurch gibt es nun zwei getrennte Berechnungsgrundlagen für die Beiträge (vormals gab es für Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine gemeinsame Berechnungsgrundlage).
  3. Die Obergrenze für die Bemessungsgrundlage der Beiträge der Arbeitgeber wird vorübergehend aufgehoben. Vormals lag die Obergrenze der Beitragsberechnungsgrundlage bei 11.154 RMB, damit ergab sich ein Höchstbeitragssatz pro Monat von 3.491 RMB (11.154 RMB * 31,3 Prozent). Unternehmen müssen nun für Arbeitnehmer, die mehr als das verdienen, eine zusätzliche Last schultern.
  4. Die Definition für „Ausgaben für das Gehalt aller Angestellten“ wurde durch ein Schreiben der Liaoninger Provinzregierung aus dem Jahr 2008 festgelegt. Unternehmen müssen demnach Gehälter von ausländischen Arbeitnehmern in die Berechnung aufnehmen. Das heißt, dass Arbeitgeber trotzdem 31,3 Prozent des Gehalts ausländischer Einzelpersonen, zusätzlich zu deren Gesamtgehalt als Sozialversicherungsprämie zu entrichten haben, obwohl diese Einzelpersonen selbst keine Beiträge zahlen müssen.

Gemäß dem Wortlaut dieser Bestimmung fällt die Obergrenze für die Berechnungsgrundlage der Unternehmen in Dalian weg (zumindest vorübergehend). Unternehmen müssen deshalb Sozialversicherungsbeiträge für ihre Angestellten in das System einzahlen (31,3 Prozent des gesamten Gehalts eines Angestellten). Das ist eine zusätzliche Belastung für jedes Unternehmen, das in Dalian entweder über hochqualifizierte chinesische- oder ausländische Mitarbeiter, oder sogar beides verfügt.

Trotz aller schriftlich festgehaltenen Intentionen bleibt weiterhin unklar, ob die Regierung von Dalian Ausländer im Moment wirklich in die Sozialversicherung aufnehmen will. Angestellte des Sozialversicherungsbüros gaben uns mündlich die Auskunft, dass die Gehälter ausländischer Mitarbeiter in die Steuererklärung für September nicht aufgenommen werden müssen. Allerdings liegt uns zu dieser Aussage weiterhin nichts schriftliches vor.

Wenn andere Städte dem Beispiel von Dalian folgen sollten, würden die Kosten für Angestellte überall in China deutlich ansteigen. Einerseits, wären Unternehmen, die in Städten wie Peking oder Shanghai ansässig sind am härtesten betroffen, andererseits, wenn andere Städte dem Beispiel von Dalian nicht folgen sollten, würde die Hafenstadt in Liaoning im Wettbewerb um neue Investitionen ins Hintertreffen geraten und bereits ansässige Unternehmen würden damit beginnen, über einen Umzug nachzudenken.

Pikant ist dabei, dass die Stadtregierung diese Bestimmung als vorübergehed beschreibt, was eine Wiedereinführung von Bemessungsobergrenzen begünstigen könnte.

Neben Dalian gibt es noch andere Städte, die über eine ähnliche Umsetzung bei der Erhebung der Sozialversicherungsbeiträge nachdenken. Hangzhou ist dafür ein gutes Beispiel, da die Stadt schon seit einiger Zeit die Sozialversicherungsbeiträge anhand der Bemessungsgrundlage des gesamten Gehalts eines Arbeitnehmers berechnet. Die Stadt hat aber die 300 Prozent-Obergrenze des durchschnittlichen sozialen Gehalts beibehalten, damit existiert faktisch eine Obergrenze für die Angestellten im Unternehmen, die ein hohes Gehalt beziehen, sozusagen als Ausgleich für die aufgehobene Obergrenze. Beiträge der Unternehmen für ausländische Arbeitnehmer werden ebenfalls nicht verlangt. Im Gegenteil, es gibt genügend Städte, die bisher keinerlei Anstalten gemacht haben, den Beispiel von Dalian zu folgen.

Eine für diese Ausgabe vorbereitete Umfrage (ganze zehn Monate nachdem das Gesetz verkündet wurde und zwei nachdem es in Kraft trat), förderte zutage, dass sich einige Mitarbeiter der Sozialversicherungsbüros nicht darüber bewusst waren, was da bald auf sie, in Form von Änderungen, zukommt. Eine Standardantwort lautete, dass lokale Sozialversicherungsbüros nichts unternehmen würden, solange sie keine Direktiven von den über sie stehenden lokalen Behörden erhalten hätten. Deshalb wollte man auch keine spekulativen Kommentare über zukünftige Änderungen abgeben. Viele Lokalregierungen haben derartige Direktiven tatsächlich immer noch nicht veröffentlicht.

Die im Text beschriebenen Beispiele veranschaulichen, welche riesige Aufgabe das Durchdrücken des Willens der Zentralregierung bei den verschiedenen Lokalregierungen ist. Eine jegliche Lokalregierung versucht sich soviel Flexibilität wie möglich zu bewahren, um als Investitionsstandort wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Verwaltung des sozialen Sicherungssystems ist eine der Hauptaufgben, die eine Regierung zu erfüllen hat, die riesige Bevölkerung aber und das gigantische Ausmaß des Landes machen die Aufgabe nicht gerade leicht.

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Fabian Knopf, Sr. Associate, Co-Head of German Desk, Dezan Shira & Associates
Fabian.Knopf@dezshira.com

Silke Neugebohrn, Sr. Associate, Co-Head of German Desk, Dezan Shira & Associates
Silke.Neugebohrn@dezshira.com

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