Börsenplätze Hong Kong und Shanghai vernetzen sich
Dieser Artikel wurde bereits am 10. Dezember von unserem Medienpartner Nachrichten für Außenhandel veröffentlicht.
Vor einem Monat hat die Shanghai-Hong Kong Stock Connect nach einem halben Jahr gespannter Erwartungshaltung ihre Tore geöffnet. Das Pilotprojekt dient dem Zweck der Verbindung der beiden Börsenplätze in Hong Kong (HKSE) und Shanghai (SSE) und gestattet es Investoren an beiden Börsen zu handeln. Über den sogenannten Southbound Trading Service Link können institutionelle Investoren und Privatanleger mit Wertpapierdepots über RMB 500.000 (65.000 EUR) in Hong Kong ausgegebene Aktien über einen Börsenmakler in Shanghai handeln, während Investoren aus Hong Kong oder dem internationalen Ausland sich über den Northbound Trading Service Link am Aktienmarkt der SSE beteiligen können. Interessant dabei ist, dass keine Beschränkungen in Bezug auf die Art der Investoren oder die Höhe des Reinvermögens existieren.
Die Transaktionen beider Handelskanäle werden in Renminbi (RMB, oder auch Yuan (CNY)) abgewickelt. Nach Norden orientierte Investoren können Offshore-RMB-Depots für den Handel an der SSE verwenden. Im Gegenzug verwenden nach Süden gerichtete Investoren beim Handel an der HKSE, wie alle anderen Börsenteilnehmer auch, Hong Kong Dollar, wobei für den Clearingprozess dann allerdings RMB als Berechnungsgrundlage herangezogen werden. Die südlich orientierten Investoren, die an der HKSE handeln, müssen ihre RMB-Bestände beim Markteintritt in HK Dollar konvertieren und beim Auflösen von Handelspositionen in HK erneut den Währungsumtausch vornehmen. Nicht alle Wertpapiere sind bei dem Kooperationsprojekt der beiden Börsen handelsberechtigt. An der SSE sind Aktienkäufe von Investoren aus Hong Kong und dem internationalen Ausland auf die an den SSE 180 und SSE 380 Indizes gelisteten A-Aktien (A-shares) limitiert. An der HKSE sind Investoren aus dem Festland zum Handel der an den Hang Seng Large Cap und Mid Cap Indizes gelisteten Wertpapiere berechtigt.
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Investoren beider Seiten haben auch die Möglichkeit, mit Anteilen an beiden Börsen gelisteter Firmen zu handeln, seien es nun A-Aktien oder H-Aktien. A-Aktien sind in RMB ausgegebene Wertpapiere an den Handelsplätzen Festlandchinas und H-Aktien sind in RMB ausgegebene Aktien chinesischer Firmen, die in Hong Kong gelistet sind. Dies hat zu der interessanten Situation geführt, dass Aktien einer Firma nun zu unterschiedlichen Preisen an den Börsen in Shanghai und Hong Kong gehandelt werden. Dieses Börsenphänomen wird durch den Hang Seng China AH Premium Index abgebildet. Durch die Tatsache, dass diese Wertpapiere nun gleichzeitig Börsenteilnehmern aus Hong Kong und China zu Verfügung stehen könnten diese Bewertungsunterschiede erodieren. Allerdings gibt es beim nordwärts gerichteten Handel (HKSE-Teilnehmer, die an der SSE handeln) ein Verbot für jedwede Art von Leerverkäufen, so dass eine Konsolidierung eher einen Preisanstieg der H-Aktien bewirken würde, als einen Preissturz den A-Aktien.
Handelsquoten
Das Pilotprojekt ist, abgesehen von der Art der Wertpapiere, auch durch Beschränkungen für den Gesamtwert des Handelsvolumens zwischen den beiden Börsenplätzen gekennzeichnet. Für nordwärts gerichtete Investitionen liegt die generelle Obergrenze bei RMB 300 Mrd. sowie RMB 13 Mrd. täglich. Der südlich gerichtete Handel ist auf RMB 250 Mrd. und RMB 10,5 Mrd. täglich begrenzt. Für ein tieferes Verständnis dieser neuen Entwicklungen sprach China Briefing bereits vor dem Start der Stock Connect im November mit Prof. Terrill Frantz von der HSBC Business School der Universität Peking. Die Möglichkeit von A-Aktien/H-Aktien Arbitragegeschäften hatte nach dem Start des Pilotprojekts für einiges an Aufsehen gesorgt. Prof. Frantz vertrat jedoch die Meinung, dass diese Möglichkeiten nur von kurzer Dauer sein würden. Seiner Ansicht nach wird mittelfristig eine weitaus interessante Dynamik aus den Beschränkungen für das tägliche RMB-Handelsvolumen resultieren. Prof. Frantz rechnete mit einer Echtzeit Preisabbildung durch die Aufsichtsbehörden und verwies auf die ungewissen Konsequenzen des Erreichens der tagtäglichen Handelsobergrenzen. Würde der Handel in diesem Fall abrupt gestoppt werden? Kurz vor dem Erreichen der Handelsobergrenze könnte der Preis mancher populärer Wertpapiere schlagartig in die Höhe schießen.
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Prof. Frantz verglich diesen Sachverhalt mit der Situation des Handels mit Anleihen einer in New York gelisteten deutschen Firma, die beispielsweise am Ende des Handelstages eine bilanzielle Gewinnmitteilung veröffentlicht. Händler in New York können auf die neuen Informationen umgehend reagieren, während Investoren in Deutschland auf den Beginn des nächsten Handelstags warten müssen. Aufgrund der täglichen Handelsquoten der Shanghai-Hong Kong Connect könnte es unter diesem Handelsregime regelmäßig zu vergleichbaren Umständen kommen.
Auswirkung auf das QFII Programm
Bisher bestand die einzige Möglichkeit für ausländische Investoren A-Aktien zu handeln in dem sogenannten Qualified Foreign Institutional Investors program (QFII). Dies war einer der ersten Schritte hinsichtlich der Internationalisierung des RMB. Im Rahmen dieses Programms ist es einer kleinen Zahl internationaler Finanzinstitutionen gestattet, an den Börsenplätzen in Shanghai und Shenzhen in den in RMB notierten Wertpapiermarkt, inklusive A-Aktien, in China zu investieren. Auch für Anleihen und Futures bestehen Handelsmöglichkeiten. Diese Finanzinstitutionen haben die Möglichkeit auf ihren Investitionen in China basierende Finanzprodukte zu veräußern. Investitionen über diesen Handelsweg sind immer noch Gegenstand von Kapitalkontrollen mit Quoten für einzelne Entitäten. In den letzten Jahren hat die Zuweisung dieser Quoten eine diplomatische Funktion erfüllt. Ein Beispiel dafür ist die Gewährung einer Quote von RMB 80 Mrd. für französische Investoren während der Europareise von Xi Jinping im Frühjahr 2014. Nach Ansicht von Prof. Frantz wird eine direkte Auswirkung der Shanghai-Hong Kong Connect die Auflösung des gegenwärtigen Monopols des QFII-Programms über den Handel mit chinesischen A-Aktien sein. Seiner Meinung nach sind vor allem Privatanleger durch die neuen Entwicklungen begünstigt – die über den Northbound link nun direkt in die SSE investieren können – aber auch Anleger aus Festlandchina, denen es nun rechtlich gestattet ist, an den Märkten in Hong Kong zu handeln.
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Dennoch erwartet er von den jüngsten Liberalisierungsmaßnahmen keine tiefgreifenden Auswirkungen auf die Märkte. „Die Hedgefonds und Privatanleger mit der Möglichkeit marktwirksame Summen zu investieren und zu handeln haben bereits ohnehin Zugang zu genannten Vermögenswerten. Die großen Marktakteure haben bereits seit langem Mittel und Wege gefunden, um die Beschränkungen zu umgehen, unabhängig der Frage, ob sie dazu berechtigt waren oder nicht.“
RMB-Austauschgrenzen für für Hong Kong- Einwohner aufgehoben
In Vorbereitung des Starts der Shanghai-Hong Kong Connect hat die Währungsbehörde Hong Kongs (HKMA) verkündet, ab dem 17. November sämtliche bisherigen Restriktionen für die Einwohner Hong Kongs bezüglich des Währungshandels von RMB mit Fremdwährungen aufzuheben. Bis dato konnten Investoren aus der Stadt pro Tag lediglich bis zu RMB 20.000 umtauschen. Ohne die Aufhebung der bisherigen Regeln wäre es Investoren aus Hong Kong kaum möglich gewesen an den neuen Handelsmöglichkeiten zu partizipieren. Aufgrund der Tatsache, dass Banken aus Hong Kong ihre RMB-Bestände aus ortsansässigen Pools beziehen (sogenannte CNH im Gegensatz zu CNY) wird die neue Bestimmung den Fluss von RMB vom Festland nach Hong Kong wohl nicht wesentlich beeinflussen. Dies ist auch ein Grund, warum Tageslimits von RMB 80.000 für Geldsendungen nach China in Kraft bleiben sollen.
Verbleibende Unsicherheit
Insgesamt herrscht immer noch eine gewisse Unsicherheit im Zusammenhang mit dem Connect-Programm, trotz des Starts im vergangenen Monat. Es ist zum Beispiel unklar, ob China im Gegensatz zu Hong Kong eine Kapitalertragssteuer (capital gains tax (CGT)) für den Verkauf von Verkauf von Firmenanteilen erheben wird. Im Rahmen des QFII-Programms haben chinesische Behörden keine stringente Linie mit Blick auf die Erhebung der Kapitalertragssteuer verfolgt, was zusätzlich für Verwirrung bei den Marktteilnehmern sorgt. Auch das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Hong Kong und China beinhaltet keine Informationen zu diesem Sachverhalt. Die Erhebung einer Kapitalertragssteuer für nordwärts orientierte Händler könnte dazu führen, dass Hong Kong Broker Steuern ihrer Kunden zurückhalten. Dies würde ein völliges Novum darstellen. Auch die China Securities Regulatory Commission hat bisher nicht zur Klärung des Sachverhalts beigetragen.
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