Produktion in China erfährt Veränderung
Das unaufhaltsame Streben der Investoren nach China hat sich in der letzten Zeit abgekühlt, da das rückläufige Wachstum und die Volatilität des Aktienmarktes Verzögerung hervorrufen. Im Jahr 2015 beliefen sich FDI ins chinesische Verarbeitungsgewerbe auf 39.54 Mrd. USD, das zeigt einen leichten Rückgang gegenüber dem Jahr 2014 (39.94 Mrd. USD) und entspricht einem Anteil von 31,4 Prozent der gesamten FDI ins Land. Während einige dieser Befürchtungen einen realistischen Hintergrund haben, sind andere übertrieben. Dies gilt insbesondere für das produzierende Gewerbe – Chinas wichtigstem Wachstumstreiber in den Boom-Jahren – was das Land als „Fabrik der Welt” bekannt gemacht hat.
Nach Jahrzehnten mit rasantem Wachstum und rascher Entwicklung veränderte sich Chinas Produktionssektor zwangsläufig. Veränderungen in demographischer Zusammensetzung, Einstellungsverfahren, Technologie und Märkten geben dem chinesischen Produktionsgewerbe ein anderes Erscheinungsbild als in den Vorjahren mit ungebrochenem Wachstum. Jedoch sind diese Umwandlungen nicht unbedingt nachteilhaft für die Wettbewerbsfähigkeit des Landes. Chinas Produktionsgewerbe wird die Art und Weise, wie Investoren ihre Fabriken betreiben, grundsätzlich verändern und bietet der zunehmend vielfältigen Wirtschaft neue Wachstumschancen.
Demographie
Im Laufe der Jahre zweistelligen Wachstums wurde die massive Zahl der chinesischen jungen arbeitsfähigen Arbeitskräfte für das Produktionsgewerbe genutzt. Hohe Geburtenraten in den 1960er und 1970er Jahren trugen zu einer demografischen Dividende bei, die den Arbeitsmarkt mit billigen, jungen und starken Arbeitern überflutete – welche die physischen Anforderungen gut erfüllten. Die in diesen Jahren geborenen Kinder, erreichten in den 1980er und 1990er Jahren die späten Teenager Jahre und frühen zwanziger Jahre und erlebten zu gleicher Zeit die Umwandlung von der Planwirtschaft zu der zunehmend marktbasierten Wirtschaft, die auch ausländischen Investoren offener gegenüber steht. Dieser zufällige Zusammenschluss trug maßgeblich zu historischem Wachstum und historischer Industrialisierung des Landes bei.
Diese Arbeiter werden aber jetzt älter und beginnen damit, aus den arbeitsintensiven Fertigungstätigkeiten auszuscheiden und in den Ruhestand zu gehen. Die Zahl der Menschen ab 60 Jahre wird voraussichtlich von 200 Millionen im Jahr 2015 auf über 300 Millionen im Jahr 2030 steigen. Im Gegensatz dazu geht die Anzahl der jungen Arbeitnehmer als Folge der Urbanisierung, Verbesserung des Lebensstandards und der berüchtigten Ein-Kind Politik zurück. Während Chinas ältere Bevölkerung immer größer wird, wird die Zahl der Jugendlichen im Alter von 20 bis 24 im nächsten Jahrzehnt erwartungsgemäß von 125 Millionen auf 68 Millionen sinken. Darüber hinaus wird diese Generation besser ausgebildet als die früheren und hat somit weniger Interesse an schlecht bezahlten Jobs und körperlich schwerer Arbeit des Produktionsgewerbes.
Dazu: Unternehmensberatung von Dezan Shira & Associates
Beschäftigung
Als Antwort auf die Entstehung der inländischen Dienstleistungsindustrie und des Wachstums in westlichen chinesischen Regionen, sowie strengerer Arbeitsschutzgesetze haben Fabriken einige Anpassungen dazu, wer und wie eingestellt wird. In der Regel bevorzugten chinesische Arbeitgeber für viele arbeitsintensive Industrien Frauen. Zum Höchststand hat die Frauenbeteiligung der Belegschaft z.B. in der Spielzeug- und Elektronikproduktion 80 Prozent erreicht. Jetzt bilden Männer in diesen Bereichen die Mehrheit, da viele Frauen, die früher im Verarbeitungsgewerbe gearbeitet haben, sich stattdessen für den Eintritt in den Dienstleistungssektor entschieden. Im Jahr 2013 wurde der Dienstleistungssektor vom Produktionssektor als der größte Anteil am Bruttoinlandsprodukt übertroffen. Die Zunahme von Restaurants und Cafés, sowie anderen Gastronomie-Dienstleistungen hat viele unausgebildete Arbeiterinnen angezogen, welche sich bessere Arbeitsbedingungen erhoffen, als im Produktionssektor.
Arbeitnehmer haben nicht nur größere Auswahlmöglichkeiten an Industrien, sondern auch an Arbeitsorten. Die Wanderarbeiter umfassen traditionsgemäß mindestens ein Drittel der gesamten Arbeitskräfte in China. Wegen des prohibitiven hukou Wohnadressenregistriersystems nutzten Arbeitgeber ihre Wanderarbeiter oft durch die Zurückhaltung von Zahlungen aus, eine Vielzahl an erzwungenen unbezahlten Überstunden und keinen Beitrag zu Mitarbeitersozialversicherungsfonds. Doch da sich das Produktionsgewerbe verbreitet und aus Chinas wohlhabenden Küstenregionen in die weniger entwickelten Gebieten verlagert, haben Arbeiter weniger Interesse daran, weit von zu Hause zu arbeiten und sind somit weniger anfällig für Ausbeutung.
Neben der Einstellung von Wanderarbeiter ist die Annahme von Leiharbeitern eine andere Methode, um die Arbeitskosten zu reduzieren. Beim Umgang mit steigenden Löhnen und Gesetzen von 2008, die den Unternehmen pflichtgemäße Zahlungen für Arbeitsversicherung, Überstunden, Abfindungen und andere Sozialleistungen erfordern, nutzen Arbeitgeber die Vorteile von Leiharbeitern zur Vermeidung zusätzlicher Ausgaben.
Obwohl die Leiharbeiter eigentlich nur kurzfristig, als Hilfskräfte oder für Ersatztätigkeiten eingestellt werden dürfen, werden sie jedoch oft jahrelang eingesetzt. In einigen Fällen wurden Arbeiter von Fabriken direkt eingestellt und gezwungen, Verträge mit einer Agentur zu unterzeichnen sodass es passieren konnte, dass über 80 Prozent der Arbeiter in gegebenen Fabriken Leiharbeiter sind. Da Leiharbeiter in der Regel von Agenturen eingestellt werden, können Arbeitgeber die Verantwortung für die Zahlung von Leistungen sowie das Risiko von Arbeitskonflikten vermeiden. Das ähnliche Verfahren gilt für die Einstellung von sogenannten „Studenten-Praktikanten“, welche manchmal eingeschüchtert werden, niedrigere Löhne und schlechtere Arbeitsbedingungen im Vergleich zu normalen Mitarbeitern akzeptieren zu müssen. Jedoch dient das Inkrafttreten der letzten Bestimmungen der Funktion, diese Tatsache zu verhindern und den Unternehmen aufzuzwingen, mehr Verantwortung bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber ihren Mitarbeitern zu übernehmen.
Da die Arbeitskräfte kontinuierlich zurückgehen und sich im ganzen Land zerstreuen, sind sie in der Lage, Anforderungen an ihre Arbeitgeber zu stellen und einen verstärkten Schutz ihrer Rechte zu gewährleisten. In den letzten Jahren stieg die Anzahl der Streiks gegen unbezahlte Sozialversicherungsbeiträgen, unterbezahlte Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen. Solche Demonstrationen werden auch von älteren Arbeitnehmern ausgelöst, deren Renten vor der Tür stehen und die daher ein stärkeres Bewusstsein für die Bedeutung der Pensionierung, Wohnung und Versicherung haben, als während sie jung waren. Um soziale Stabilität aufrechtzuhalten, ergreift Peking Maßnahmen zur Sicherstellung der Einhaltung von schriftlichen Gesetzen für größere Unternehmen, denn Arbeitnehmer werden mündiger und die Gesamtwirtschaft verlangsamt sich.
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Aussichten für die Zukunft
Während eine rückläufige Zahl von Arbeitern und die verstärkte Durchsetzung von Vorschriften die Arbeitskosten steigern, zielt China darauf ab, durch die verbesserte Produktivität und Herstellung hochwertiger Waren noch wettbewerbsfähig zu bleiben. Während sich einige bestimmte arbeitsintensive Branchen, wie die Textil- und Bekleidungsindustrie, in kostengünstigere Standorte wie Vietnam und Indien verlagern, unterstützt die Regierung als Antwort darauf die Unternehmen dabei, auf der Wertschöpfungskette nach oben zu steigen, um mehr innovative Produkte anzubieten. Die Kampagne „Made in China 2025″ fördert diese Bemühungen und erhofft sich, das Reich der Mitte zu einer Weltmacht in der Herstellung von Hochtechnologien statt billigen und oft nachgeahmten Waren zu verwandeln. Dieser Prozess erfordert erhebliche Finanzierung für innovative F&E, Bildung der Fachkräfte und zum Ausbau der Fabriken für mehr Automatisierungstechnik und Robotik. Mit ausreichenden Ressourcen hofft die Regierung dem Status eines Landes mittleren Einkommens entkommen zu können und trotz des Verlustes der Wettbewerbsvorteile im Verarbeitungsgewerbe und Export dazu fähig zu sein, mit entwickelten Volkswirtschaften in hochwertigen Produkten zu konkurrieren.
Das Ende von Chinas demografischer Dividende, das Wachstum des Dienstleistungssektors und die Verbreitung von Fabriken westwärts haben kleinere und weniger konzentrierte Arbeitskräfte zur Folge. Allerdings bleibt China weiterhin ein attraktives Ziel für das allgemeine Produktionsgewerbe und verfügt über viele Vorteile gegenüber seinen Konkurrenten. Während die Löhne gestiegen sind, steigt auch die Produktivität weil die Arbeitskräfte besser qualifiziert sind und mit Ressourcen höherer Qualität arbeiten. China hat auch die entwickelte Transport- und Logistikinfrastruktur und entwickelt sich zunehmend zu einem Markt für Industriegüter statt nur ein Produzent zu sein, welcher Unternehmen die Vorteile der Nähe zu reduzierten Transportkosten nutzen lässt.
Obwohl sich das Land noch nicht vollständig vom kostengünstigen zum hochwertigen Produktionszentrum verwandelt hat, können staatliche Anreize zur Förderung des Verarbeitungssektors enorme Vorteile erbringen. Investoren können sich mit der Tatsache trösten, dass Fabriken ihren Mitarbeitern bessere Bedingungen und Sozialleistungen bieten und deshalb den Lebensstandard der oft benachteiligten Gruppen verbessern. Obwohl das Verarbeitungsgewerbe in die Falle des mittleren Einkommens geraten kann, können Chinas enorme finanzielle Ressourcen und sein großer inländischer Markt lukrative Möglichkeiten in der Übergangsphase eröffnen.
Bei Fragen zu Wirtschaftsthemen, Steuern, Buchhaltung und Unternehmensgründungen in Asien kontaktieren Sie bitte: Fabian Knopf, Senior Associate, Head of German Desk, Dezan Shira & Associates Fabian.Knopf@dezshira.com Für weitere Information oder um mit Dezan Shira & Associates in Kontakt zu treten, senden Sie bitte eine Email an germandesk@dezshira.com oder besuchen Sie uns auf www.dezshira.com/de, wo Sie unsere Unternehmensbroschüre herunterladen können. Bleiben Sie auf dem Laufenden über die aktuellsten Wirtschafts- und Investitionstrends in Asien durch unseren Newsletter. |
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Frau Sarah Buchwieser ist Projekt-Assistentin bei der Europa-Repräsentanz der Stadt Zhuhai mit Sitz in Karlsruhe. Das Büro existiert seit Mai 2014 und gibt kostenlose Auskunft über den Markt vor Ort, unterstützt bei der Suche nach Kooperationspartnern sowie der Erschließung von Absatzmärkten in Südchina. |
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