Die Philosophie der Unternehmenszentralen-Wirtschaft: Chinas neuer Weg zur Verbesserung seiner Industrie

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Von Vivian Ni

20. März – China, der größte Produktionsstandort der Welt, ist bereits seit geraumer Zeit nicht mehr mit einer Stellung am unteren Ende der globalen Wertschöpfungskette zufrieden. Das Land will außerdem nicht mehr nur als Produktionsstandort für multinationale Unternehmen dienen, sondern auch attraktiver Standort für die regionalen Unternehmenszentralen werden.

Genau deshalb tut sich etwas im Land und ausländisch investierte Unternehmen (FIEs), die etwas von ihrem „Gehirn“ nach China verlagern wollen, werden mit offenen Armen empfangen. Unternehmenszentralen (HQs) ausländisch investierter Unternehmen, wo von der Unternehmensleitung über Investitionen entschieden wird, sowie Forschung & Entwicklung (Research & Development; R&D) betrieben und gefördert wird, sind in Chinas wichtigen Städten am Kommen. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Funktionen einer Stadt sowie den Bedarf an entsprechend ausgebildeten Personal.      

Chinas Philosophie der Unternehmenszentralen-Wirtschaft

Eine Unternehmenszentralen-Wirtschaft muss per Definition so reich an benötigten Ressourcen sein, dass auf dem dort bereiteten Boden ein Cluster von Unternehmenszentralen wachsen kann. Durch Zuzug und Ansammlung wissensintensiver Bereiche einer betrieblichen Wertschöpfungskette in einer wichtigen  Stadt, verbessert sich nicht nur die operative Effizienz der dort ansässigen FIEs, sondern es kommt durch verbesserte Verteilung von Ressourcen auch zu erwünschten wirtschaftlichen Auswirkungen in der Umgebung. Das passiert sowohl in verschiedenen Regionen als auch innerhalb bestimmter Industrieketten.

Durch die Ansammlung regionaler industrieller Basen und Cluster im Land, wurde beispielsweise der Aufstieg von Shanghai als beliebter Sitz für Unternehmenszentralen erst ermöglicht. Das kam nämlich auch durch die prospierende Produktion im Yangtse-Delta zustande. Die Attraktivität Guangzhous oder Shenzhens als Sitz für Unternehmenszentralen wurde in der Vergangenheit durch die Export-Produktion im Perlfluss-Delta gefördert. Pekings Aufstieg zu einem beliebten Sitz für Unternehmenszentralen ist ebenfalls mit der rasanten Entwicklung des Bohai Economic Rim und besonders mit der dortigen Schwerindustrie verbunden.

Viele erstrangige und zweitrangige chinesische Städte werben für die Ansiedlung von Unternehmenszentralen ausländisch investierter Unternehmen und bieten deshalb verschiedene Anreize an. Allgemein gesprochen haben folgende drei Unternehmen Möglichkeiten, Vergünstigungen von der Regierung zu erhalten, im Falle, dass sie spezielle Anforderungen erfüllen, die in der Region gelten, in der sie ansässig sind:    

  • Ausländisch investierte Unternehmen, die als regionale Unternehmenszentrale funktioniert
  • Ausländische Investitionsunternehmen, die als Holdinggesellschaften fungieren
  • Ausländisch investierte Zentren für Forschung & Entwicklung (R&D), die Forschung & Entwicklung direkt im chinesischen Markt oder in den Wachstumsmärkten Asiens nutzen werden 

Beliebte Städte für Unternehmenszentralen
Um die Fähigkeiten einzelner chinesischer Städte zu bewerten, Unternehmenszentralen anzuziehen und zu beheimaten, veröffentlichte Chinas HQ Economy Research Center jährlich eine Rangliste der Top 35 Städte, die für die Ansiedlung einer Unternehmenzentrale attraktiv sind. Im letzten Jahr belegten Peking und Shanghai die ersten beiden Plätze. Schon seit sieben Jahren sind die beiden an der Spitze der Rangliste. Dieses Jahr überholte zudem die Stadt Shenzhen zum ersten Mal die Stadt Guangzhou in Südchina und sicherte sich damit den dritten Platz in der Rangliste. Shenzhen gilt auch als die chinesische Stadt des Festlands, die wirtschaftlich am weitesten geöffnet ist. Wuhan belegte als einzige zentral-chinesische Stadt einen Platz unter den Top 10. Die schnell wachsenden Ballungsräume um Chengdu und Chongqing in Westchina belegten in der Rangliste die Plätze acht und zehn.

Peking und Shanghai belegen immer noch die beiden vordersten Plätze, die anderen Wettbewerber holen aber schnell auf. Beide Städte erreichten jeweils eine hohe Wertung bei den grundlegenden Gegebenheiten ihrer Städte, sowie bei kommerziellen Einrichtungen und der Fähigkeit Forschung & Entwicklung zu betreiben. Außerdem spielt die Anwesenheit professioneller Dienstleistungen eine wichtige Rolle. Zusammengenommen beheimaten beide Städte etwa 70 Prozent der globalen Fortune 500 Unternehmen, die regionale Unternehmenszentralen in China unterhalten.

Natürlich darf nicht unerwähnt bleiben, dass beide Städte jeweils regionale Unternehmenszentralen anziehen, die sich in den Eigenschaften und Funktionen unterscheiden. Carter Yang, Geschäftsführer von Robert Walters China, ein Personaldienstleister mit Stammsitz im Vereinigten Königreich, meint dazu: „Peking als politisches Zentrum Chinas zieht natürlich Industrien an, die Nähe zu politischen Entscheidungsträgern benötigen. Regionale Unternehmenszentralen dort ermöglichen eine ständige Kommunikation mit der Zentralregierung. Im Gegensatz dazu ist Shanghai ein attraktiver Sitz für regionale Unternehmenszentralen von Unternehmen, die näher am Kunden sein wollen. Die Stadt gilt als die kommerzialisierteste Stadt des Landes. Aus diesen Gründen siedeln sich dort auch bevorzugt viele Finanzinstitutionen an, die Dienstleistungen rund um das Privatkundenbankgeschäft anbieten.“

Die Regierungen von Peking und Shanghai haben große Sprünge bei der Entwicklung ihrer Wirtschaft der Unternehmenszentralen vollbracht, aber vieles liegt noch im Argen. Im Fall von Shanghai beispielsweise funktionieren viele dieser Unternehmenszentralen nicht vollständig als „Gehirne“ der weltweiten Produktion, des Outsourcing oder des Vertriebs eines multinationalen Unternehmens, obwohl in der Stadt mehr als 900 Unternehmenszentralen ausländisch investierter Unternehmen sowie viel Forschung & Entwicklung beheimatet sind. Zusätzlich dazu kommt Chinas strenge Devisenkontrolle. Die begrenzte Möglichkeit Importrechnungen in US-Dollar zu begleichen, hat viele in China ansässige Unternehmenszentralen dazu gebracht, Hongkong als Sitz für die Wiederausfuhr zu wählen.     

Auswirkungen auf Personalfragen in China

Eine wachsende Anzahl regionaler Unternehmenszentralen im Land hat ebenfalls Auswirkungen auf Personalfragen in China. Zusätzlich zu Arbeitskräften mit niedrigen Einkommen und Personal im mittleren Management, suchen multinationale Unternehmen mit regionalen Unternehmenszentralen in China nun nach talentiertem Personal, das sowohl über lokale als auch internationale Erfahrung verfügt. 

Der „China Salary Survey 2012”, der vor kurzem von Robert Walters veröffentlicht wurde, besagt, dass die Entwicklung von Chinas Wirtschaft der Unternehmenszentralen große Auswirkungen auf grenzübergreifende Aktivitäten in Personalangelegenheiten von multinationalen Unternehmen hat. Unternehmen interessieren sich aber gleichermaßen für internationale Bewerber, die über ein großes Netzwerk von lokalen Kontakten verfügen sowie über ein Verständnis des chinesischen Marktes und dessen Kultur. Eine gewisse Kenntnis der chinesischen Sprache wird eine immer wichtigere Grundvoraussetzung bei der Einstellung von Personal und Individuen mit Berufserfahrung im Ingenieurswesen, bei der Qualitätskontrolle und im operativen Management werden benötigt, weil mehr Unternehmen Einrichtungen für Forschung & Entwicklung in China eröffnen oder eröffnen wollen. 

Experten vermuten daher, dass talentiertes Personal sowohl aus westlichen Ländern als auch aus anderen Städten in Asien, die als Sitz von Unternehmen beliebt sind, nach China abwandert. Das sollte Chinas Wandlung hin zu einer Wirtschaft der Unternehmenszentralen mehr Schwung verleihen.

Allerdings ist trotz des großen Potentials der Mangel an Personal auf Chinas Arbeitsmarkt spürbar. Der Wettbewerb der Unternehmen um Spitzenpersonal mit Spezialwissen bleibt hart, das Unterbinden der Wechselwilligkeit innerhalb des eigenen Unternehmens bleibt eine Herausforderung, das besagt die Studie von Robert Walters. Unternehmen, die gutes Personal anziehen und halten wollen, müssen sich Gedanken über eine attraktive Gehaltsstruktur für ihre Angestellten machen, sowie Möglichkeiten für Weiterbidung und die Personalentwicklung schaffen.

Ratgeber und Lesematerial zu ähnlichen Themen aus unserem Asia Briefing Buchladen (in englischer Sprache):

The China Tax Guide (Fifth Edition)
Shanghai City Guide

Beijing City Guide

Shenzhen City Guide
Guangzhou City Guide

Dezan Shira & Associates sind ein Beratungsunternehmen, das multinationalen Unternehmen professionelle Dienstleistungen rund um ausländische Direktinvestitionen in China (einschließlich Hongkong) und in anderen Wachstumsmärkten Asiens (Indien, Vietnam und Singapur) anbietet. Dezan Shira & Associates bieten Dienstleistungen zu Unternehmens- und Steuerberatung, sowie Buchhaltung, Gehaltsabrechnung und Due Diligence an. Unser Unternehmen ist besonders auf Fragen zur Steuer und Steuerverbindlichkeiten spezialisiert. Um Ratschläge oder neueste Informationen zu diesen Themen von unseren Unternehmensberatern einzuholen, emailen Sie uns einfach ihre Frage oder Problem unter china@dezshira.com, oder besuchen Sie unsere Webseite www.dezshira.com/de, Sie können unsere Unternehmensbroschüre auch hier herunterladen.

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Fabian Knopf, Sr. Associate, Co-Head of German Desk, Dezan Shira & Associates
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