Pilotprojekt: Internationale Kanzleien in der FHZ Shanghai
Es ist nicht einfach als ausländischer Rechtsanwalt in der Volksrepublik China zu arbeiten. Für Ausländer ist es verboten, direkt im Rechtswesen zu praktizieren, sprich unmittelbar an chinesischen Rechtsangelegenheiten zu partizipieren oder chinesische Rechtsberatung anzubieten. Des Weiteren ist es ausgeschlossen, dass nicht-chinesische Staatsbürger eine Rechtslizenz erhalten, die zu einer rechtsausübenden Praxis berechtigt. Dies liegt daran, dass Ausländer für die dazu notwendige Fachprüfung (National Judicial Examination) gar nicht erst zugelassen sind.
Vor diesem Hintergrund ist das kürzlich in der Shanghaier Freihandelszone (FHZ Shanghai) beschlossene Pilotprojekt für vertiefte Kooperationen in der Rechtsberatung eine gute Neuigkeit. Es ist ausländischen Anwälten und Kanzleien nun gestattet, gemeinsam mit ihren chinesischen Pendants, bzw. Partnern, zu praktizieren und sowohl chinesischen als auch internationalen Kunden in der FHZ Shanghai Rechtsberatungen zur Verfügung zu stellen.
Am 18. November wurde das Pilotprojekt in der FHZ Shanghai offiziell gestartet. Geeignete chinesische und internationale Kanzleien sind nun berechtigt gemeinsam rechtsberatend tätig zu sein und in Übereinkunft Anwälte als internationale/chinesische Rechtsexperten praktizieren zu lassen. Ziel des Projektes ist die weitere Liberalisierung im Segment der Rechtsdienstleistungen und die Förderung von ausländisch-chinesischen Rechtskooperationen.
Die Stadtverwaltung Shanghais hat zur Spezifizierung der notwendigen Voraussetzungen für die Kooperation von chinesischen und ausländischen Kanzleien eine Reihe von „Implementierungsmaßnahmen (Hu Fu Ban Fa [2014] No. 63)” veröffentlicht. Eine chinesische Firma muss für die Kooperation im Rahmen des Pilotprojekts folgende Voraussetzungen erfüllen:
- Geschäftstätigkeit seit mindestens drei Jahren
- Geschäftsorganisation in Form einer Partnerschaft
- Belegschaft von mindesten 20 lizenzierten chinesischen Rechtsanwälten
- Seriöses Managementsystem und die geschäftlichen Kapazitäten für hochqualitative rechtliche Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen
- Keinerlei rechtliche Abmahnungen oder Strafen durch chinesische administrative Stellen
- Hauptsitz oder zumindest Zweigstelle in Shanghai (inkl.FHZ Shanghai)
Auf der anderen Seite muss die ausländische Rechtsberatung beide der folgenden Voraussetzungen erfüllen:
- Repräsentanzbüro in Shanghai seit mindestens drei Jahren oder Repräsentanzbüro in China seit mindestens drei Jahren mit weiterer Repräsentanz in der FHZ Shanghai
- Keines der Repräsentanzbüros wurde rechtlich abgemahnt oder verurteilt
Mehr zum Thema: Abschaffung der Konzessionsbestimmungen für ausländische Werbeagenturen in der FHZ Shanghai
Absolute Mindestanforderungen sind die Existenz einer Repräsentanz der ausländischen Rechtsberatung in derFHZ Shanghai oder die Niederlassung der chinesischen Rechtsberatung in der FHZ Shanghai .
Des Weiteren gibt es eine Reihe von Anforderungen an die praktizierenden chinesischen Rechtsanwälte sowie ihre ausländischen Partner. Diese müssen über mindestens fünf Jahre Berufserfahrung und eingehende Expertise sowohl im Umgang mit dem chinesischen als auch dem internationalem Recht verfügen. Der Geschäftsführer oder Generalbevollmächtigte einer Rechtsberatung oder Kanzlei ist nicht berechtigt, gleichzeitig als Partner für eine andere Rechtsberatung zu arbeiten. Es ist nicht gestattet mehr als drei Rechtsanwälte in die Kooperation einzuführen und es muss eine schriftliche Vereinbarung über eine Zusammenarbeit von mindestens zwei Jahren abgeschlossen werden.
Nach dem Start des Pilotprojekts können internationale rechtliche Beratungsfirmen, die die genannten Anforderungen erfüllen, nun eine Kooperation mit chinesischen Partnern eingehen und chinesischen und internationalen Kunden rechtliche Dienstleistungen im Spektrum des chinesischen und internationalen Rechts sowie im Rahmen des Kooperationsvertrages zur Verfügung stellen. Allerdings muss die Kooperation von den jeweiligen Hauptgeschäftsstellen ausgehen und kann nicht eigenständig von Zweigstellen oder Repräsentanzen abgeschlossen werden.
Mehr zum Thema: Shanghai FTZ to expand Liberalization of Legal Industry in China
Für den gesamten Zeitraum der Kooperation müssen der chinesische und ausländische Partner ihren eigene Rechtspersönlichkeit, ihren eigenen Namen sowie ihre eigene Finanzierung aufrechterhalten und selbstständig für ihren Bereich die zivilrechtliche Haftung übernehmen.
Bisher war es lediglich Rechtsberatungen aus Hong Kong und Macau gestattet, solche Kooperationsformen mit chinesischen Partnern einzugehen (vgl. Mainland and Hong Kong Closer Economic Partnership Arrangement – CEPA).Bisherigen Erfahrungen nach zu urteilen ist es nicht unwahrscheinlich, dass anfänglich in der FHZ Shanghai eingesetzte Reformen früher oder später auf das gesamte Land ausgedehnt werden. Diese Herangehensweise wurde von der politischen Führung bereits häufig angewandt, etwa in Bezug auf Restriktionen für ausländische Investitionen in gewissen Branchen, internationale Devisengeschäfte oder die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Gründung eines Unternehmens in China. So können Unternehmen, die sowohl innerhalb als auch außerhalb derFHZ Shanghai über eine Niederlassung verfügen, bereits die dort geltenden Regeln zur Streitbeilegungen durch Vermittlung oder Schiedsgerichte anwenden.
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